Von dem gemütlichen Campingplatz „El Bosque“ in Medellín nahmen wir schweren Herzens Abschied, doch unser Verschiffungsdatum in Cartagena ist bekannt, und wir wollen noch so einiges anschauen.
Unser Weg führte in das kleine, farbenfrohe Städtchen Guatapé, nur eine Stunde entfernt von Medellín. Früh morgens sind wir losgefahren, denn wir wollten unbedingt den berühmten 220 Meter hohen, freistehenden Monolithen Peñon besteigen. Es führen 700 steile, ineinander geschlungene Treppen hinauf zum Aussichtspunkt. Der Aufstieg führt in eine breite Felsspalte, fast in das Innere des schwarzen Steins. Dabei sind die Treppen des Auf- und Abstieges auf architektonische einzigartige Weise ineinander verschlungen und verwinkelt und doch voneinander getrennt. Ein tolles Erlebnis für uns hier hinaufzusteigen. Von oben haben wir einen atemberaubenden Blick auf die Seenlandschaft. Der Stausee ist einer der grössten in Südamerika. Der Stausee entstand in den 1970er Jahren und sollte insbesondere die Provinzhauptstadt Medellín mit Strom versorgen. Dabei wurden die umliegenden Gemeinden überflutet und die Bewohner mussten an einem höher gelegenen Standort ein neues Zuhause aufbauen. Wegen der zerklüfteten Täler liess der stark verzweigte Stausee eine künstliche Landschaft entstehen; überall ragen kleine Inseln und Halbinseln mit Ferienhäusern, Villen und kleinen Palästen auf. Auf einem Inselchen liegt eine ausgebrannte Villa. Es war das Haus, in dem Pablo Escobar, der berüchtigte und legendäre Drogenchef seine prominenten Gäste unterbrachte. Schon 1991 hatte das konkurrierende Cali Kartell dieses Gästehaus durch eine Bombe fast völlig ausbrennen lassen.
Der hübsche Ferienort Guatapé liegt am Ufer des Stausees und beeindruckt uns mit den vielen bunt gestrichenen und dekorierten Häuserfassaden. Mit den kleinen engen Gassen und den wunderschönen farbenfrohen Häusern wirkt der Ort wie ein Kolumbien aus dem Bilderbuch. Wir schlendern durch die Kopfsteinpflasterstrassen, erkunden die engen Gassen mit kleinen Shops mit Kunstgewerbe und Souvenirs, sowie Kaffees. Wir geniessen einen feinen kolumbianischen Kaffee. Da wir hier nicht die einzigen Touristen sind, beschliessen wir weiterzufahren und uns ein ruhiges Plätzchen für die Nacht zu suchen.
Unser Weg führt uns in das Kolonialdorf Santa Cruz de Mompox. Vor der Gründung 1537 lebten hier Ureinwohner. Um hier her zu kommen, fahren wir durch ein grosses Seen- und Sumpfgebiet mit dem Rio Magdalena. Wir werden in frühere Zeiten versetzt, hier ist die Welt wirklich stehen geblieben; vieles erinnert uns an unsere Afrikareisen, die kleinen Dörfer in ärmlichsten Verhältnissen, das Leben spielt sich auf der Strasse ab, laut und choatisch, hier aber sehr bunt und fröhlich. Es werden Bananen und Rohrzucker angepflanzt, und es wird mit speziellen Flusskanus gefischt. Mompox war früher durch seinen Flusshafen ein wohlhabender Ort, Gold und Silber wurden am Flusshafen Richtung Karibik verschifft. Bis heute hat sich die Goldschmiedekunst in Mompox aufrechterhalten. Das intakte koloniale Stadtbild gab der kleinen Stadt 1995 den Status Unesco Weltkulturerbe. Doch Mompox gilt als einer der heissesten Orte Kolumbiens, und was uns ganz besonders zu schaffen machte, war die extrem hohe Luftfeuchtigkeit. Die Hitze legte uns lahm, Ronja heizte sich tagsüber so auf, dass an einen erholsamen Schlaf nicht mehr zu denken war. Ab heute hiess es auch, dass unser wichtigstes Utensil, neben Geld und Visakarten, das Moskito Spray in unseren Rucksäcken dabei war.
Beim Suchen nach einem angenehmen Stellplatz – Campingplätze existieren in Kolumbien fast keine mehr – stiessen wir auf das kleine Bergdorf Pueblo Bello; am Mirador Montegrande wurden wir herzlich von einer Familie, die den Mirador als Einnahmequelle nutzt, aufgenommen. Ein Grossteil der Bevölkerung sind noch Indigene des Volkes Arthuaco; heute mischen sich noch Menschen aus dem angrenzenden Venezuela unter die Einheimischen. Wir genossen drei herrlich entspannte Tage mit Spaziergängen durch den Urwald und Duschen unter Wasserfällen und einem ganz speziellen Familienleben. Es beeindruckte uns sehr, wie diese Familie ohne Schulbildung des Vaters ihren Weg geht, wie der Vater aus ganz ärmlichen Verhältnissen diesen Mirador entstehen liess, der heute die Versorgung seiner Familie garantiert; wie herzlich und selbstverständlich uns diese Familie aufnahm und uns drei Tage an ihrem Leben teilhaben liess. Eine wirklich wunderbare und wertvolle Begegnung.
Weiter ging es Richtung Norden. Bevor wir Cartagena ansteuerten, wollten wir unbedingt noch einen Abstecher an die berühmte Karibikküste mit dem Tayrona Nationalpark und dem Hippie-Dörfchen Palomino machen. Tayrona ist bekannt für seine atemberaubende Landschaft, die Kombination aus tropischen Stränden und üppigem Regenwald; wir genossen gemeinsam mit einem deutschen Overlander-Paar vier entspannte Tage an der Karibikküste, hatten viel Spass miteinander. Doch leider war an unsere geplanten Wanderungen im Tayrona Nationalpark nicht zu denken – die Luchtfeuchtigkeit und die Hitze setzten uns einfach zu. So schön die Karibikküste für das Auge ist, für uns eine tolle Erfahrung, aber wir ziehen die kühleren Berge vor ;-)
Und so besuchten wir auf dem Weg nach Cartagena Minca, das kleine grüne Paradies in den Bergen, unweit von der quirligen Stadt Santa Marta, die wir bewusst ausliessen. Wir hatten grosses Glück und bekamen einen Stellplatz beim Hostel Rio Elementos, und durften dort alle Annehmlichkeiten mitbenutzen, und das waren wirklich viel, wie Yoga, Badespass und Hängematten am Fluss, tolle Früchte und Bowls in der „Cocina saludad“, saubere WCs und herrliche Duschen, sowie für einmal richtig gut funktionierendes WIFI. Neben Kakao, Kaffee, herrlichen Wasserfällen im Regenwald, gibt es eine unglaubliche Artenvielfalt, und wir entschieden uns, nach Madidi / Bolivien und Mindo / Ecuador nochmals eine geführte Vogelbeobachtungstour zu buchen. Morgens um 6 Uhr ging es los, eine herrliche kleine Wanderung durch den Regenwald. Kolibris, viele bunte kleine Vögel, dessen Namen wir uns nicht behalten konnten, Tucane und den zweitgrössten Vogel nach dem Condor, den Königsgeier sahen wir. Ein wirklich schöner Abschluss mit einem enthusiastischen Guide (Toni / Jungle Tours) durch den tropischen Regenwald. Für uns hiess es nun von dem Regenwald Abschied zu nehmen. Wir genossen noch dieses kleine Aussteigerörtchen, und dann ging es nun endgültig nach Cartagena, unserem Ziel mit Ronja zusammen. Wir fuhren gemütlich, als ob Ronja die Zeit mit uns festhalten wollte…..und dann waren wir am Ziel, im Airbnb bei Fezal. Ein komisches Gefühl, auf der Reise selber kam uns alles immer so langsam und ausgiebig vor, und nun waren wir hier, in Cartagena.
Ronja hat uns guten Dienst erwiesen, über 30`000 Km fuhr sie hier auf dem Kontinent, über Schotterpisten, Löcherpisten, Offroad, über Stock und Stein brachte sie uns, sie brachte uns über 4700 Höhenmeter im Tres Cruzes Nationalpark und hielt dem Wind in Patagonien stand. Einen einzigen Tag mussten wir sie in Arequipa / Peru in die Werkstatt bringen, sonst hatten wir kein einziges Problem, mussten keine Ersatzteile bestellen oder mühsam organisieren. Und sie hat uns bei einem Unfall sicher beschützt! Wir freuen uns auf weitere tolle Reisen mit unserer Ronja, mit neuen Reisezielen in Europa und wer weiss, vielleicht bald wieder auch ausserhalb Europas ;-) Nun wird sie ersteinmal wieder auf Hochglanz für die Verschiffung gebracht.