Da unsere Ronja in La Paz ein wenig Höhenkrank wurde, entschieden wir uns, mit einem Overlandbus nach Cusco zu reisen.
Die reiche Kulturgeschichte macht die Inka-Hauptstadt Cusco zu einem faszinierenden Reiseziel. Von oben sieht die Stadt aus wie ein Puma, so sagen es die Inka. Der Puma ist für sie ein Sympol für Stärke, Weisheit und Intelligenz; seine Eigenschaften sind Geduld und Stärke. In Cusco treffen Jahrhunderte alte Traditionen der Inkas auf modernes peruanisches Leben; das machte für uns die Stadt trotz der unendlich vielen Touristen einzigartig.
Das heiligste und bedeutendste Gebäude ist der heilige Tempel der Sonne in Cusco, der Coricancha, der der Verehrung des Sonnengottes „Inti“ gewidmet war; leider wurde ein grosser Teil des Tempels durch die spanischen Konquistadoren niedergerissen und geplündert; sie bauten eine koloniale Kirche und das Kloster Santa Domingo auf das Coricancha-Fundament. „Cori“ bedeutet „Gold“ – die Inkas hatten viel Dekorationen aus Gold, Gold als Wertgegenstand bedeutete ihnen im Gegensatz zu den Spaniern, die alles Gold plünderten, wenig. Was uns persönlich sehr beeindruckte, sind die Aussagen der bolivianischen Menschen, und unserer Guides. Sie sagten uns, als wir mit ihnen darüber sprachen, warum Bolivien zu den Entwicklungsländern gehört, und wie man dies ändern könnte, dass sie gar nicht mit uns Europäern tauschen möchten, sie seien glücklich, sie hätten die schönste Natur, das wertvollste Kulturerbe, sie haben genügend Nahrung durch Ackerbau und Viehzucht und sie haben ein Dach über dem Kopf. Mehr benötigen sie nicht zum glücklich sein, und genau dies strahlen auch ihre Gesichter aus! Sie benötigen kein Gold um glücklich zu sein.
Wir besuchten als nächstes die mysteriösen Inka-Ruine Saqsayhuman, die einige der grössten Steine aller Inka-Ausgrabungen beherbergt. Bis heute streiten sich Wissenschaftler über die Bedeutung des Namens. Man vermutet, dass die offene Ebene von Saqsayhuman für grosse Zeremonien diente. Da die Ruine auf einem Berg oberhalb Cuscos liegt, wird angenommen, dass sie als Festung diente.
In der Nähe von Saqsayhuman liegt Qenko, ein grosser Steinkomplex, der von den Inkas vermutlich als astronomisches Zentrum genutzt wurde. Für die Inkas waren Sonne, Mond, Erde, Pflanzen, Tiere und das was sie umgab, göttliche Wesen, die Leben haben. Die Hauptgötter waren die Sonne (Inti), die Erde (Pachamama), der Mond (Killa) und die Berge (Apus). Die Welt war für die Inkas in 3 Ebenen unterteilt. Die Welt über ihnen, die der Götter, repräsentiert durch den Kondor; die lebendige oder irdische Welt, repräsentiert durch den Puma und die Welt unter ihnen, die der Toten, repräsentiert durch die Schlange. Die Vertretung durch die Tiere heisst „Inka-Trilogie“ und wird bei Machu Picchu durch die Tempel mit den drei Fenstern am deutlichsten symbolisiert.
Machu Picchu gehörte für uns natürlich zu dem grössten Highlights in dieser Gegend. Kaum eine andere Ruine zieht so viele Menschen in ihren Bann wie die Inkastadt Machu Picchu. Von einer gewissen Mystik umgeben, beeindruckt die bauliche Leistung der Inka und das Panorama des Urubambatals. Aufgrund der extrem vielen Touristen in Aqua Calientes, dem Ausgangsort für einen Besuch des Machu Picchu, haben wir uns gegen eine Wanderung entlang des Inka-Trails zu der Inka-Ruine entscheiden. Mit dem legendären Machu Picchu Train und dem Bus entlang den Serpentinen im Andendschungel erreichten wir unser Ziel und hatten mit Julio als Guide mal wieder super Glück. Die Wirkungsstätte der Inka liegt auf einem abgelegenen Hochplateau in 2430 Metern Höhe. Ohne Metallwerkzeug, Pferde, Wagen und Mörtel errichtete das Andenvolk Mitte des 15. Jahrhunderts ein Areal aus über 200 Häusern, Tempeln und genialen Bewässerungsanlagen, welches wohl einer königlichen Sommerresidenz und den Schamamen als Wirkungsstätte diente. Gerne hätten Rico und ich die Wanderung auf den Huayna Picchu in Angriff genommen, doch die Tickets dafür müssen 3-6 Monate im voraus gebucht werden.
Julio führte uns 2 Stunden durch die Anlagen und erklärte uns so viel über die Bauten, die Religion und Kultur der Inka; wir konnten fast nicht genug bekommen. Selbst am Abend bei einem gemeinsamen, typischen peruanischem Essen hingen wir noch an den Lippen von Julio. Ein wirklich spannende Tag ging zu Ende.
Einen wunderbaren Fleck Erde in Bolivien durften wir mit der Isla del Sol im Titicacasee kennen lernen. Der Titicacasee liegt auf einer riesigen Hochebene in den Anden im Herzen Südamerikas, auf 3800 HM. Bolivien und Peru teilen sich das zweitgrösste Gewässer Südamerikas. Mehr als 25 Flüsse münden in den See, jedoch nur ein kleiner Fluss entleert ca. 10% des überschüssigen Wassers, der Rest geht durch Verdunstung unter Sonne und Wind verloren. Tiefblau und kristallklar liegt der Titicacasee vor dem Hintergrund der über 6000 Metern hohen Gipfeln der Cordillera Real.
Wir genossen zwei herrliche Tage mit fantastischem Ausblick und idyllischer Ruhe auf der mystischen Isla del Sol. Von Copacabana aus tauchten Rico und ich für diese beiden Tage in ein kleines Paradies ab. Isla del Sol bedeutet Sonneninsel; 2000 Menschen leben auf der grössten Insel im Titicacasee. Den Mythen nach ist die Isla del Sol die Wiege der Inka. Laut Legende schickte Inti, der Sonnengott seine Kinder auf der Insel zur Erde. Diese zogen hinaus um das Reich der Inka zu gründen.
Sonne, blauer Himmel mit verschiedensten Wolkenformationen machten unsere Ankunft perfekt, und der Sonnen-Tempel hiess uns willkommen. Auf der Sonneninsel leben die indigenen Dörfer noch wie früher, gemäss der Inka-Kultur. Auch sie verehren die Götter, statt Autos und Traktoren helfen ihnen Esel bei dem Anbau der Terrassen. Die Inkas terrassierten die Felder bereits um ihre Grundnahrungsmittel Kartoffeln, Quinoa, Mais, Amaranth, Kürbis, Maniok, verschiedene Bohnenarten und Tomaten anzubauen. Die Insel ist perfekt für eine Wanderung durch die Einöde; flache Wege und Trampelpfade führen in herrlicher Ruhe über die Isla del Sol. Und so machten wir uns mit Diego, unserem einheimischen Guide auf, und begegneten nur einer Handvoll Touristen, dafür mehr Schafen, Alpakas und Lamas. Wir durften Eintauchen in die Welt der indigenen Bevölkerung, ihre Gastronomie kennenlernen, ihre Traditionen. Auch Javier und Irene von der Ecolodge, in der wir zwei Nächte blieben, erzählten uns viele Legenden über die Isla del Sol und die Isla de Luna. Über die „Escalera del Sol“, eine von den Inkas erbauten Steintreppe, erreicht man das kleine Dorf Yumani, welches neben Ackerbau vom Tourismus lebt. Entlang der steilen Steintreppe läuft ein kleiner Fluss hinab zum Hafen. Es wird erzählt, dass der Fluss nie leer ist, ob es nun regnet oder nicht, die Bevölkerung glaubt an ein unterirdisches Wassersystem; die Insel ist voll solcher ungeklärter Geheimnisse. So soll man für immer jung bleiben, wenn man von der natürlichen Quelle am Inka-Brunnen trinkt. Natürlich haben Rico und ich uns das nicht entgehen lassen J Ihr werdet uns nicht wiedererkennen ;-)
Die Mondinsel, die Isla de Luna ist kleiner als die Sonneninsel, nur gerade 100 Leute wohnen hier. Eine besondere Legende wird über die Mondinsel berichtet; hier soll eine wichtige Gottheit (Viracocha), dem Mond befohlen haben, sich in den Himmel zu erheben. Der Legende nach waren Sonne und Mond zusammen und sehr verliebt, bis sie verschiedene Aufgaben bekommen haben, nämlich die Sonne am Tag zu scheinen und der Mond in der Nacht. Der Mond war so traurig und weinte fest; es wird behauptet, dass durch ihre Tränen (der Mond ist im spanischen weiblich) der Titicacsee entstand. Viracocha schickte dem Mond die Sterne, damit er nicht mehr alleine ist und aufhörte zu weinen.
Wir unternahmen einen Spaziergang zum Tempel der Jungfrauen; auch hier zeigte sich die Trilogie der Inka wieder, welche wir beim Besuch Machu Picchus bereits kennenlernten. Diego erklärte uns viel, wie die heutige Bevölkerung „modern“ nach dieser Kultur weiter lebt. Was für eine magische Stimmung! Der Aufenthalt hier gehört für Rico und mich wahrhaftig zu unseren Highlights. In der Morgensonne ging es per Motorboot zurück nach Copacabana.
Copacabana liegt auf der bolivianischen Seite des Titicacasees, des höchstgelegenen schiffbaren Sees der Welt auf 3800müM. Der Ort wird von Pilgern aus Bolivien und Peru, aber auch von Argentiniern und Chilenen besucht. Die Wallfahrtskirche wurde im 16. Jahrhundert gebaut und hat den Rang einer Basilika und ist der Jungfrau von Copacabana gewidmet.
Im kleinen Ort Copacabana lebten einst die beiden Indigenen Völker, die Anansayas und die Urinsayas, als Nachfahren der berühmten Inkas. Sie wurden von den Spaniern zum Christentum bekehrt, doch lebten sie weiterhin auch ihren Glauben an die Natur. Bei Unglücken und schlechte Ernten wendeten sie sich an ihren ursprünglichen Glauben.
Im Jahr 1580 soll einem Inka-Nachfahren im Schlaf die Jungfrau Maria erschienen sein. Nach dem Aufwachen schnitzte er sie in Holz. Bald wurde der Statue viele Wunder zugeschrieben. So soll ein Seefahrer an der brasilianischen Küste im Sturm zu Maria gebeten haben und ihr bei seiner Rettung versprochen haben eine Kapelle an Land zu errichten. Er erreichte einen Strand bei Rio de Janeiro, der heute den Namen Copacabana trägt.
Glücklich ging es zurück nach La Paz, denn die Vorfreude, wieder mit Ronja zusammen Richtung Peru zu fahren, war bereits da. Doch erst genossen wir noch drei entspannte Tage im Colibri-Camping.