Carretera Austral mit Chiloé

 

Ab Coyhaique wurde die Carretera Austral deutlich befahrener und weniger authentisch, da sie ab hier mehrheitlich asphaltiert ist. Wir fanden aber trotzdem noch versteckte wunderschöne Orte zum Pause machen und übernachten.

Auf dem Weg nach Chaitén besuchten wir den Queulat Nationalpark und den Pumalin Nationalpark. Der Queulat Nationalpark ist berühmt aufgrund seines Hängegletschers Ventisquero Colgante. Der NP umfasst 154 Hektar mit üppiger einheimischer Pflanzenwelt, den Grossteil des patagonischen Nebelwaldes mit Pflanzen und Bäumen, wie zum Beispiel Zimtbäume und den riesigen Nalcas, einer Art Rhabarber, der jedoch riesige Blätter besitzt. Die Wanderung führt anfangs über eine eindrucksvolle Hängebrücke, die nur zu viert betreten werden darf; der Trail durch diesen Nebelwald zum Aussichtspunkt war grandios – dieser feuchte Nebelwald mit seiner unglaublich grünen Vegetation beeindruckte uns. Die riesigen Bäume sind mit Moos und Farnen, wie Flechten bedeckt, wie ein Märchenwald oder ein Troll-Wald. Eine besonders tolle Stimmung entsteht durch die Sonnenstrahlen, die sich durch den dichten Wald zwängen und richtig mystisch wirken.

Auf der Aussichtsplattform hatten wir einen perfekten Blick auf den Gletscher, und da wir früh morgens gestartet sind, waren erst eine Handvoll Touristen da. Die Gletscherzunge neigt sich über eine steile Felswand; das Schmelzwasser und Eisstücke stürzen ca. 500 Meter in die Tiefe, wie der tosende Wasserfall in die Laguna Tempanos. Ein einmaliges Naturschauspiel! Leider zieht sich auch dieser Gletscher aufgrund des Klimawandels langsam nach hinten zurück.

Nach einem feinen Frühstück aus dem Rucksack, suchten wir uns ein herrliches Plätzchen am Fluss, genossen den restlichen Nachmittag.

Die tiefen, feuchten Wälder von Pumalín reichen bis zu den Fjorden und bilden eine der spektakulärsten Küstenlinien der Welt. Hunderte von Wasserfällen stürzen von Gletschern über Granitwände herab. Die Krönung ist der Vulkan Chaitén. Das bedeutendste Merkmal des Parks ist der bedrohte Alerce-Baum; 25% der noch vorhandenen Alerces befinden sich im Pumalin NP. Diese uralten Bäume tragen zur Geschichte des unberührten Ökosystems in den NPs bei. Der Pumalin NP ist ein privater NP, der grösste private Nationalpark. Gegründet wurde er von dem US-amerikanischen Millionär und aktiven Naturschützer Douglas Tompkins. Dieser gründete die Marke North Face und Esprit, verkaufte diese und gründete zusammen mit seiner zweiten Frau, die übrigens CEO von der Marke Patagonia war, verschiedene Nationalparks in Chile, um bedrohte Faunaarten zu schützen. Der Pumalinpark schützt den gemässigten Regenwald und den Alerce-Baum; hinzu ist der Park auch Arbeitgeber für die einheimische Bevölkerung. Früchte und Gemüse werden in dieser Region rein biologisch angebaut und landesweit verkauft.

Den Patagonia NP, Cerro Castillo NP, Corcovado-NP, Iberá-NP und Monte Léon-NP wurden ebenfalls von Tompkins gegründet. Er starb 2015 bei einem Kajak-Unfall. Seine Frau lebt weiterhin in Chile und aktiviert sich in der Chiles Regierung für den Umweltschutz. 

Die riesigen Bäume, die bunten Vögel machten unsere Wanderung erneut zu einem unvergesslichen Erlebnis. Der Pumalin-Park beherbergt einen grossen Campingplatz, einfach aber wunderschön mit Blick auf den Vulkan Chaitén. Wir genossen eine ruhige Nacht und wurden wach mit Vogelgezwitscher.

 

Am nächsten Tag wartete in Chaitén bereits unsere Fähre nach Castor auf der Insel Chiloé; Delphine verabschiedeten uns in Chaitén, und nach einer 8-stündigen Überfahrt kamen wir auf der Insel Chiloé an.

 

 

Chiloé (Insel der historischen Holzkirchen)

 

Chiloé ist nach Feuerland die zweitgrösste Insel Chiles. Heute leben auf der Insel 150`000 Einwohner, die vom Tourismus und Fischfang leben. Viele stammen vom indigenen Volk der Huilliche ab. Berühmt ist Chiloé vor allem durch seine 160 aus Lärchen- oder Zypressenholz gefertigten Kirchen aus dem 17. Jahrhundert, wovon 16 als UNESCO Welterbe gelten. Die Kirchen vereinen die europäische Architektur mit Bauelementen der einheimischen Bevölkerung; so sind die Kirchen besonders farbenfroh, komplett aus Holz gefertigt und geschindelt, wie die meisten Häuser auf der Insel. Die meisten Kirchen, so auch die älteste der Holzkirchen auf der Insel Quinchao, wurden ohne einen einzigen Nagel gebaut, nur durch Nut und Feder hält alles zusammen.

Missionare wollten über Jahrhunderte die Bevölkerung Chiloés bekehren; doch die Einwohner bewahren ihre alten Mythen bis heute, und glauben daran, sich damals mit Hexerei erfolgreich gegen die spanischen Eroberer gewehrt zu haben. Zudem waren auch die Europäer abergläubisch, und die spanischen und indigenen Mythologien beeinflussten sich gegenseitig, und es entstanden neue Mythen und Fabeltiere. So glauben viel Inselbewohner noch heute an den Troll Trauco im Wald von Aucar und an das Geisterschiff Caleuche. Die Hexerei hat eine lange Geschichte auf Chiloé. Der Legende nach liegt in der kleinen Ortschaft Quicavi das Zentrum der Hexen-Organisation. Auch die Muelle de las Almas beruht auf einer Legende aus der Huilliche-Mythologie. Chiloés „Dock der Seelen“ in der Bucht Cucao wurde vom Architekten Marcelo Orellana 2007 gebaut. Die Legende sagt, dass wenn ein Mensch stirbt, die Seelen in der Bucht von Cucao gehen und den Flösser / Tempilkawe – eine mythische Figur, rufen, um sie ins Jenseits zu bringen.

Wir durften auf Chiloé einfach nur sympathische und lebensfrohe Menschen kennenlernen. Aufgrund fehlender Campingplätze ging es abends immer auf die Suche nach sicheren Stellplätzen, und so wurden wir oft privat aufgenommen, wie am Mirador Peumayen.

 

Wenn sie auf Chiloé eines können, dann Häuser aus Holz bauen; wie die Holzkirchen sind auch die Palafitos („Stelzenhäuser“) reine Holzhäuser. Die Palafitos stehen auf Pfählen aus Zypressenstämmen, die Jahrzehnte im Wasser stehen.  Die wasserdichten Schindeln auf Dächern und Wänden trotzen jedem Wetter. Nur in der Hauptstadt Castro können die Palafitos noch besucht und besichtigt werden; sie dienen oft als Hotels und Restaurants. In Ancud und Quellón hat ein Tsunami bewiesen, welche Kraft bewegtes Wasser hat.

Wir besuchten Castor und schlängelten uns durch die Gassen mit Holzhäusern, besuchten den einheimischen Markt, auf dem sehr viele Kleidungsstücke aus Schafwolle verkauft wird.

 

Einen wunderschönen Abend durften wir noch in der Gegend von Ancud, am Rio Chepu geniessen; hier konnten wir erleben, wie die Naturgewalten zuschlagen können. 1960 gab es eines der grössten Erdbeben in dieser Region. Die Erde setzte sich 2 Meter, dadurch wurde ein riesiges Waldgebiet von Meer überschwemmt, welches heute als „versunkener Wald“ Zeuge dieser gewaltigen Natur ist.


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